20. Dezember 2016
Bei der Versagung der Restschuldbefreiung nach § 298 InsO handelt es sich um eine rein innerprozessuale Entscheidung, die nicht in Rechtskraft erwächst.
Das Amtsgericht Düsseldorf hat mit Beschl. v. 09.09.2016, Az.: 513 IK 44/11 über die Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 298 Abs. 1 InsO und den Vergütungsanspruch des Treuhänders entschieden.

Der Treuhänder hatte die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 298 Abs. 1 InsO beantragt, da nicht über entsprechende Mittel der Masse zur Deckung der Vergütung zur Verfügung stehen, des Weiteren sei die Aufforderung an den Schuldner, die Mindestvergütung für das letzte vergangene Jahr der Treuhänderschaft zu zahlen, mit dem Vermerk "Empfänger nicht zu ermitteln" zurückgekommen.
Eine an das zuständige Amt für Einwohnerwesen gerichtete Meldeanfrage ergab, dass der Schuldner noch unter der bisher bekannten Anschrift wohnhaft sein sollte.

Telefonische Versuche der Kontaktaufnahme mit dem Schuldner durch das Gericht scheiterten. Mit weiterer Meldeanfrage bat das Gericht um die Durchführung örtlicher Ermittlungen. Durch die Meldebehörde wurde sodann mitgeteilt der Schuldner sei von Amts wegen abgemeldet.

Mit Beschluss vom 27.08.2014 versagte das Amtsgericht - Insolvenzgericht - dem Schuldner gemäß § 298 InsO die Restschuldbefreiung. Die Begründung wurde darauf gestützt, dass die Vorschrift des § 298 InsO im Falle des unbekannten Aufenthalts des Schuldners tatbestandlich einzuschränken sei, und zwar dahingehend, dass es der Aufforderung zur Zahlung der Vergütung durch den Treuhänder sowie der Anhörung des Schuldners zum Versagungsantrag nicht mehr bedarf.

Im Juli 2015 erfolgte eine Zahlung des Schuldners auf die Vergütung. Im Januar 2016 legte der Schuldner gegen die Versagung der Restschuldbefreiung sofortige Beschwerde ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung trägt er vor, er habe die ganze Zeit unter der bisher bekannten Anschrift gewohnt. Aufforderungen zur Zahlung des Treuhänders haber er nicht erhalten. Kenntnis von der Versagung der Restschuldbefreiung erhielt der Schuldner über die Schuldnerberatungsstelle, der Mitte Dezember 2015 der entsprechende Beschluss auf telefonische Anfrage hin durch das Gericht übermittelt wurde.

Der sofortigen Beschwerde war abzuhelfen und der die Restschuldbefreiung versagende Beschluss aufzuheben. Das AG führt aus, dass die sofortige Beschwerde verspätet eingelegt wurde, gleichwohl ist ihr abzuhelfen, da sie begründet ist.

"Bei der Versagung der Restschuldbefreiung nach § 298 InsO handelt es sich um eine rein innerprozessuale Entscheidung, welche lediglich das Rechtsverhältnis zwischen Schuldner und Treuhänder berührt. Der materielle Gehalt der Entscheidung liegt darin, dass die Sanktion ausgesprochen wird, weil der Treuhänder nicht vergütungslos tätig werden soll bzw. nicht mit dem Risiko vergütungsloser Tätigkeit belastet wird. Ein Neubefassungsverbot des Gerichts zugunsten des Treuhänders ist mit der Entscheidung nicht verbunden. Der Versagungsentscheidung kommt daher eine materielle Rechtskraft nicht zu, weshalb einer begründeten Beschwerde auch bei Verfristung abzuhelfen ist.

Die Voraussetzungen der Versagung der Restschuldbefreiung haben nicht vorgelegen. Der Schuldner war, was zur Überzeugung des Gerichts feststeht , seit Antragstellung unter rubrizierter Anschrift wohnhaft. Warum Schreiben den Schuldner mal erreichen und mal nicht, liegt für das Gericht auf der Hand. Seit die Postzustellung privatisiert wurde, hat das Gericht einen erheblichen, früher nie dagewesenen vermehrten Arbeitsaufwand. Selbst bei Ortsermittlungen durch die jeweiligen Einwohnermeldeämter laufen Ortsermittler an außerhäusigen Briefkästen vorbei und teilen dem Gericht mit, der betreffende Zustellungsadressat sei nicht vor Ort zu ermitteln. Der Schuldner domiziliert in einer Wohnlage, die einen zuverlässigen Zugang von Postsendungen nicht unbedingt erwarten lassen können.

Anmerkung RA Henning:

Diese Entscheidung spricht einige interessante tatsächliche und rechtliche Probleme des § 298 InsO an. Zu den tatsächlichen zählen die Zustellungsprobleme, die das Gericht ausführlich darstellt und die nicht, wie landläufig angenommen, immer auf einen unzuverlässigen Schuldner zurückzuführen sind. Werden diese allgemeinen Zustellungsprobleme als bei den Verfahrensbeteiligten bekannt voraus gesetzt, stellt sich die rechtliche Frage, ob in diesem Verfahren der Treuhänder einen den Voraussetzungen des § 298 Abs. 1 S. 1 InsO entsprechenden Hinweis erteilt hat. Der BGH stellt hohe Anforderungen an diesen Hinweis, den er zu Recht für ein zwingendes Formerfordernis hält (BGH Beschl. 22.10.09 -IX ZB 43/07-). Hier hat der Treuhänder ein an den Schuldner gerichtetes Schreiben zurückerhalten, auf seine Meldeanfrage hin aber die Mitteilung erhalten, der Schuldner lebe dort noch. Der Treuhänder hätte daher wohl weitere Zustellungsbemühungen unternehmen müssen, zumal er später durch Kontaktaufnahme mit der den Schuldner betreuenden Beratungsstelle die Anschrift nach dem Sachverhalt komplikationslos in Erfahrung bringen konnte.

Die Begründung des Amtsgerichts zur fehlenden Rechtskraft der Entscheidung bei einer Versagung nach § 298 InsO ist nachvollziehbar und führt zu einer akzeptablen Lösung. Es bleibt abzuwarten, wie Rspr. und Kommentarliteratur, die die Rechtskraftfrage einer Entscheidung nach § 298 InsO bislang -soweit ersichtlich- nicht behandelt haben, diese Ansicht aufnehmen.

Quelle: www.infodienst-schuldnerberatung.de


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