17. Januar 2017
Vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung bei fehlender Gläubigeranmeldung auch bei Verfahrenskostenstundung
Das AG Aurich führt mit Beschluss vom 06.12.2016 - 9 IK 55/16 aus:

Die Restschuldbefreiung ist sofort zu erteilen, wenn im Restschuldbefreiungsverfahren eine Ausschüttung eventuell pfändbarer Beträge mangels festgestellter Forderungen nicht erfolgen wird. Die Berichtigung der Verfahrenskosten iSd § 300 I 2 Nr. 1 InsO kann auch durch die Verfahrenskostenstundung erfolgen (entgegen BGH, Beschl. vom 22.09.2016 - IX ZB 29/16; NZI 2016, 1006)

Anmerkung zu dem Beschluss des AG Aurich von Rechtsanwalt Frank Lackmann (vollständig nachzulesen in NZI 2016, 20729):

" ...Die Entscheidung des AG Aurich ist ausdrücklich zu unterstützen und verdient in ihrer Klarheit Lob und Anerkennung. Auch nach Ansicht des Autors ist es nicht nachvollziehbar, warum ein Verfahren fortgeführt wird, in dem es keine Insolvenzgläubiger mehr gibt, die ihre Rechte im Verfahren durchsetzen können. Insoweit darf an die Ziele des Insolvenzverfahrens erinnert werden, die in § 1 InsO normiert. ...Das Verfahren würde nur noch um seiner selbst Willen betrieben werden, nämlich um die Kosten (die durch die Fortführung des Verfahrens gerade noch produziert würden) beizubringen. Das ist verfahrensökonomisch nicht nachvollziehbar. Die Staatskasse ist durch die sich einer vorzeitig erteilten Restschuldbefreiung anschließenden Nachhaftungsphase für die Verfahrenskosten ausreichend geschützt. ...

Es bleibt daher zu hoffen, dass sich weitere Gerichte der Entscheidung des AG Aurich anschließen werden. Dies ist auch in der Folge möglich. Entscheidungen im ordentlichen Rechtsweg wirken nur inter partes, also zwischen den jeweiligen Parteien. Die Stellung des Richters im Rechtssystem ist so ausgestaltet, dass dieser bei seinen Entscheidungen nicht - auch nicht durch höchstrichterliche Rechtsprechung - gebunden ist. Er muss sich nur an das Gesetz halten (Art. 97 I GG) und darf daher nach freier Würdigung auch von der BGH-Rechtsprechung abweichen. Die Insolvenzgerichte können daher - wie das AG Aurich - dem Schuldner bei fehlender Gläubigeranmeldung unter Weiterbewilligung der Verfahrenskostenstundung sofort die Restschuldbefreiung ereteilen. Mangels vorhandener Gläubiger kann diese Entscheidung nach § 300 IV InsO auch nicht angegriffen werden (vgl. Schmerbach, NZI 2016, 1007 (1009)).
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